Warum reicht es nicht, Personen zu identifizieren und zusammenzubringen, die Eigenschaften wie Problembewusstsein, flexibles Denken, Urteilsvermögen, Sachverstand u.ä. mitbringen, um Probleme in Unternehmen kreativ zu lösen?
Ein Erlebnis aus einem Venture (patentiertes Projektverfahren von VORSPRUNGatwork), hier mit Blick auf die Überschrift „Kreativität und Führung“ sehr verkürzt und vereinfacht:
Eine engagierte Gruppe von ca. 15 Fach- und Führungskräften aus zwei unterschiedlichen Konzernbereichen, ausgestattet mit den o.a. Eigenschaften, trifft sich zur Lösung eines Problems.
Jede einzelne Person schildert aus der persönlichen Sichtweise Symptome und bestenfalls Ursachen des Problems: „Ich“ habe mir das genau angesehen und in „unserer Abteilung“ wissen wir, dass….!
Und liefert auch sofort einen Lösungsansatz im Sinne von: „Man müsste nur…“, und wenn „ihr endlich mal….“
Nach 15 Schilderungen liegen 15 Knäuel durcheinander, lauter Einzelfäden in einer vermeintlich gemeinsamen Sache.
Erkennst Du wiederkehrende Muster? Wahrscheinlich ja. Es hat doch jeder korrekt gehandelt.
Ein Blick in die Stellenbeschreibung der Mitarbeiter*innen und die Aufgabenbeschreibung der Abteilung ergibt eine schnelle Bestätigung.
Alle haben das gemacht, was ihnen arbeitsvertragsmäßig als Aufgabe zugeschrieben wird.
Wie lässt sich das Dilemma lösen, wenn „eigentlich“ alle alles richtig machen – nur das Problem bleibt ungelöst?
Hier kommen Managementstrukturen und Führungskräfte ins Spiel.
Das tayloristische Managementsystem der letzten ca. 150 Jahre hat über Jahrzehnte zu vielen Arbeitsplätzen, Wohlstand und Sättigung von Massenmärkten geführt.
Aber eben auch in das oben beschriebene Dilemma.
Über Jahrzehnte ist eine Kultur entstanden, in der in der Überzahl der Unternehmen Hierarchieabhängigkeit und Silodenken zum Haupttreiber des eigenen Handelns geworden sind. (Ausnahmen tauchen mittlerweile immer öfter auf.)
Die einzelne Person im Unternehmen überdenkt bei jedem Handlungsschritt: Tue ich das, was in der Stellenbeschreibung und den Handbüchern für meine Tätigkeiten steht; das, was mir keine Komplikationen gegenüber meiner Führungskraft einbringt; das, was meinen Bonus sichert; das, was meine Karriere nicht behindert; das, was zu meiner Vertragsverlängerung führt; das, was keinen Ärger mit der Nachbarabteilung einbringt; das, was den Börsenkurs in die richtige Richtung lenkt; usw.
Sieht doch alles korrekt aus – ist es ja auch innerhalb dieses Systems. Es löst aber nicht mehr die Anforderungen der heutigen Zeit.
Heute braucht jedes Unternehmen die ganzen Potenziale und die Kreativität aller Mitarbeiter*innen, um in Zukunft zu bestehen und den Kunden wieder in den Fokus zu rücken, der schlicht und ergreifend durch ein Unternehmen seine Probleme gelöst bekommen will. Es braucht eine andere Kultur.
Jedoch, eine andere Kultur lässt sich nicht per Anordnung einführen. Es funktioniert nicht mit: wir müssen eine andere Kultur machen!
Warum? Kultur lässt sich nicht „machen“. Kultur „ist“ – nämlich ein Spiegel aller „gemachten“ Handlungen im Unternehmen.
Was lässt sich denn dann „machen“? Es lassen sich andere Erlebnisse durch Änderung der Rahmenbedingungen in der Organisation schaffen. Und dazu braucht es die Führungskräfte, die das tun können, wenn man sie denn lässt.
Doch dazu müssen auch diese selbst erleben, was passiert, wenn eine andere Zusammenarbeit aller Mitarbeiter*innen entsteht – durch die Änderung der Rahmenbedingungen.
Schauen wir noch einmal in das Venture:
Nachdem im Sinne des hier Beschriebenen das Dilemma allen deutlich wird, wird eine Verhaltensänderung ausprobiert: Was passiert, wenn tatsächlich der Kunde mit seinen Problemen in den Fokus rückt; wenn die Führungskräfte den Raum offen halten, dass wirklich jeder zu Wort kommt und alle anderen hören wirklich zu – und es ist auch ernst gemeint.
Wenn aus „me before we“ ein „we before me“ wird?
Aus den Knäueln wird ein vernetztes Miteinander-Füreinander, aus Silodenken wird gemeinsames Lösungsdenken.
Die Gruppe entwickelt kreative Ideen, die aus der Emergenz entstehen, wenn Menschen aus eigenem Antrieb an der Lösung von Problemen arbeiten.
In agilen Arbeitsschritten werden Lösungsansätze bis hin zur Implementierung verprobt: ein wertvoller Beitrag zur Wertschöpfung im Unternehmen.
Der unabdingbar noch wesentlich höhere Beitrag ist die Erkenntnis aus dem erlebten „Machen“: Ich kann als Führungskraft mit den ganzen Potenzialen meiner Mitarbeiter rechnen, wenn ich glaubwürdig die Rahmenbedingungen im Unternehmen neu und anders gestalte. Und das spiegelt sich dann in einer anderen Kultur, für die nicht nur alle im Unternehmen dankbar sind, weil es aus dem eigenen Handeln entstanden ist, sondern auch alle Kunden, weil sie spüren, dass sie vom Unternehmen ernst genommen werden.
Wenn sich Unternehmen im Sinne einer Transformation wirklich tiefgreifend verändern wollen, braucht es ein neues Verständnis von Veränderung. Das bedeutet für uns:
Weniger Veränderung IM bestehenden Organisationssystem und mehr Veränderung AM Organisationssystem.
Weniger Planen, Kontrollieren und Steuern von Veränderung und mehr Raum für das Entstehen lassen von Veränderung.
Weniger einen statischen Zustand A in einen statischen Zustand B überführen und mehr Veränderung als natürlichen, niemals endenden Prozess sehen.
Wer diese Perspektiven einnimmt, fragt nicht mehr nach dem Ende der Transformation, sondern nach dem Ende des Stillstands.
Die schlechte Nachricht:
Transformation bedeutet entgegen der Spielregeln des bestehenden Systems zu handeln. Und das erfordert jede Menge Entschiedenheit, Mut und Vertrauen.
Die gute Nachricht:
Entschieden, mutig und vertrauensvoll neue Wege zu gehen fördert gleichzeitig Entschiedenheit, Mut und Vertrauen in der Organisation.
Ist Veränderung für dein Unternehmen ein notwendiges Übel oder Ausdruck der unternehmenseigenen Lebendigkeit?
Bist du bereit entschieden voranzuschreiten?
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